Peter Tilch


Opernsänger, Songpoet und Gesangslehrer an der Musikschule Essenbach


Auf der Bühne ist er der Protagonist, der Held, die Hauptfigur. In seinen Liedern kämpft er schon mal mit seinen Schatten und philosophiert über das Leben. Von dieser Diskrepanz ist ihm privat nichts anzumerken. Ein ruhiger, ausgeglichener Künstler sitzt mir gegenüber und trinkt eine Tasse Kaffee. „Schwarz bitte.“ 

Opernsänger Peter Tilch ist Gesangslehrer an der Musikschule Essenbach. „Unterrichten liebe ich. Wer sprechen kann, kann auch singen. Das Spektrum meiner Schüler reicht vom 11-Jährigen bis zur 70-Jährigen. Jeder kann singen lernen.  Manchmal muss man nur die psychische Blockade lösen und die verkümmerten Muskeln trainieren“, erklärt überzeugend der Musikpädagoge. 

 

Geboren in Passau, aufgewachsen in München, als viertes von vier Kindern in einem musikliebenden Elternhaus. Mit acht Jahren spielte er Klarinette als Hauptinstrument, dann folgten Gitarre, Klavier, Saxophon. Mit 13 Jahren komponierte und textete er schon eigene Lieder, die er bei öffentlichen Auftritten dem Publikum vorstellte. Beim Nachwuchswettbewerb „Treffen junge Musikszene“ in Berlin  war er fünf Mal Preisträger in Folge, als Solokünstler und im Ensemble. Als besonderes Erlebnis wertet er seinen Auftritt als 15-jähriger Sänger beim Jugendempfang des Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker. Nach dem Zivildienst studierte er Klarinette am Konservatorium in München, Zusatzfach Jazz-Saxophon, gliederte ein Gesangsstudium mit Hauptfach Operngesang und ein Aufbaustudium Konzertgesang an der Musikhochschule an. Seine Studien beendete er mit dem Pädagogischen Diplom für Klarinette und Gesang und als Staatlich geprüfter Opern- und Konzertsänger.

 

Der Vokalist und Instrumentalmusiker ist ein vielseitiger Künstler: Klarinettist der Klezmergruppe „Tejtlbojm“ mit Auftritten bei den jüdischen Kulturtagen in Krakau, Jazzsänger und lyrischer Bariton. Doch sein Herz gehört der Klassik. Ob als Papageno in der „Zauberflöte“, als Figaro im „Barbier von Seviglia“, für jede Rolle bereitet er sich akribisch vor. In Vorbereitung auf „Eugen Onegin“ lernte er russisch, befasste sich mit der psychischen Konstellation der Figur, las die Primärliteratur von Puschkin, um sich ganz mit der Figur zu identifizieren und diese dann dem Publikum transparent zu präsentieren. „Wenn dann noch ein kompetenter Regisseur zur Seite steht, der dem Interpreten hilft, sich in der Rolle zurechtzufinden, der ein Gespür für das Machbare hat und die Handlung für den Zuschauer verständlich umsetzt, dann wird es eine gelungene Inszenierung“, so der Akteur.

Peter Tilch, seit fünf Jahren im Ensemble des Landestheater Niederbayern, weiß auch über schauspielerische Flexibilität humorvoll zu berichten. „Als König Gunther wartete ich darauf, dass Brunhild mir den Stiefel ins Gesicht wirft. Aber sie schließt die Tür und geht ab. Daraufhin hämmerte ich so lange an die Tür und flehte „Du wirst mich hier doch nicht so stehen lassen“, bis sie zurück kam und mich dann doch noch mit dem Stiefel attackierte.“ 

Der nächste Bühnenheld, dem er Charakter verleiht, ist die Dramenfigur des Don Quichotte. Premiere von „Der Mann von La Mancha“ ist am 31. Januar im Stadttheater Landshut. „Jeder trägt einen Don Quichotte in sich und träumt von einer besseren Welt. Er ist eine zentrale Figur in der Literatur und ein Archetyp für Anstand und Aufrichtigkeit, aber auch ein Narr, ein Weltverbesserer, ein Verrückter. Alle, die den Beruf des Künstlers gewählt haben, sind Don Quichottes.“ Mit dieser Meinung verbürgt sich der Mime für seinen Berufsstand.

Hat man das Bild des klassischen Opernsängers der früheren Generation vor Augen, so wirkte dieser meist sehr beherrscht, etwas affektiert und keine große Gefühlsregung zeigend. Keines dieser Attribute trifft auf Peter Tilch zu. Beim „Tag der offen Tür“ im Stadt-

theater stand ein Künstler auf der Studio-bühne, der eine Partie von Papageno sang, seinem Publikum zulächelte, in der Pause mit seinen Kindern scherzte, um sich dann lässig auf den Stufen sitzend, dem Auftritt seines Kollegen zuzuwenden. Ein herzlicher Mensch, interessierter Kollege und liebevoller Vater, so der erste Eindruck.

Bei der Begegnung trifft man dann auf einen höflichen, charmanten, aufmerksamen und konzentrierten Gesprächspartner, der bestechend artikuliert und zum Dialog bereit ist. 

Amüsant skizziert er seine Marotten, die das Leben als Opernsänger mitbestimmen. „Vor einem großen Auftritt kann es passieren, dass ich schon um 8 Uhr abends ins Bett gehe und verrauchte Kneipen meide ich gänzlich, was früher oft nicht so einfach war, wenn man sich verabredete. Meine Frau hat dafür Gott sei Dank Verständnis, sie ist auch Sängerin.“ Das Ehepaar Tilch verbrachte den Sommer auf dem Grünen Hügel in Bayreuth, da beide im Festspielchor engagiert waren. Begeisterung schwingt mit, wenn der „Wagnerianer“ vom hohen, künstlerischen Niveau, den imposanten, technischen Möglichkeiten und der familiären Atmosphäre dort spricht. Seine Lieblingsrolle als Wolfram im Tannhäuser hätte er sich schon auserkoren und würde diese gerne mal auf einer Bühne vortragen. 

Der Lyriker erzählt gerne Geschichten in seinen Chansons, eine weitere Variante seines Künstlerspektrums. An seinen Liedtexten erkennt man die Handschrift des Romantikers. Wunderbar formuliert und eine Hommage an die Frau: „Meine Hand trug eine Rose, und mein Herz trug einen Frack.“ Oder die mitreißende Musikkomposition zum Song „Über seine Kraft“ auf seiner CD „Wie geht es innen?“ Sein großes Vorbild in diesem Genre ist der Belgier Jacques Brel. 

Er sang nicht nur Chansons, er lebte sie auf der Bühne mit Sensibilität und Verletzlichkeit. Eine gewisse Verwundbarkeit entdeckt man auch in einigen Texten des Chansonniers Peter Tilch. 

Noch eine Querverbindung gibt es zu seinem Vorbild. Dieser stand auch als Glücksritter Don Quichotte auf der Bühne. 

Jacques Brel verabschiedete sich von seinem Publikum, um in der Südsee, auf den Marquesas, ein Inseldasein zu genießen. Wäre das dann der private Peter Tilch in späteren Jahren? Nein, hier trennen sich die Wege von seinem künstlerischen Idol. „Familie und Beruf gut vereinbaren können und später einmal reisen“, so der vielseitig Interessierte. Und mit dem Zitat aus Shakespeare‘s Hamlet  „The readiness is all“  (Bereit sein ist alles) verabschiedet er sich und entschwindet in Richtung Musikschule. 

 

Weitere Informationen finden Sie unter www.petertilch.de

Dieser Text erschien erstmals im Essenbacher Weihnachtsfenster 2008